Historie von Hergershausen
Historische Karte von Hergershausen und Umgebung, die 1569 erstellt wurde
(Quelle Wikipedia)
Der alte Amtsstempel
Die Sechziger Jahre
Die Achtziger
und heute 2018
Geschichte
Hergershausen wird erstmalig in einer Verkaufsurkunde von 1340 erwähnt. Der Ortsname geht auf einen fränkischen Bauer oder Krieger Herigar zurück, der sich im 9. Jahrhundert hier ansiedelte. Im Jahr 1525 gab es in Hergershausen bereits 35 Häuser, was auf eine Einwohnerzahl von ca. 200 Personen hindeutet. Eine Zäsur der Entwicklung brachte der 30-jährige Krieg.
Eine Liste aus dem Jahr 1635 weist nur 18 männliche Hergershäuser auf. In den folgenden 150 Jahren erhöhte sich die Bevölkerungszahl vor allem durch Zuwanderung. Im Jahr 1785 gab es 377 christliche Einwohner in 109 Haushalten.
Die Zahl der jüdischen Familien wird erstmals verlässlich 1819 mit 11 Familien angegeben und ist damit im Vergleich zu anderen Dörfern der Umgebung überproportional hoch. Das 19. Jahrhundert war geprägt durch eine starke Auswanderungsbewegung. Zwischen 1830 und 1880 brachen mehr als 120 christliche und jüdische Hergershäuser vorwiegend in die "Neue Welt" auf. Trotz eines Geburtenüberschusses ging die Bevölkerungszahl daher zwischen 1828 und 1905 von 645 auf 616 Einwohner zurück.
Ab Anfang des 20. Jahrhunderts stieg die Einwohnerzahl wieder langsam an, was sich unter anderem durch die 1899 realisierte Haltestelle an der damaligen "Main-Rhein-Eisenbahn" zwischen Aschaffenburg und Mainz erklären lässt.
Das gesellschaftliche Leben wurde durch die damalige Pflichtfeuerwehr und weitere Vereine geprägt, wie dem Kriegerverein, dem Bauernverein, dem "Liederkranz 1891" und dem "TV 1896 Hergershausen". Der "Sportverein Kickers" kam 1913 hinzu. Zu dieser Zeit konnten die Hergershäuser zwischen sechs Gasthäusern auswählen. Drei davon befanden sich im Umfeld des "Dalles", die drei anderen in der Umgebung des neuen Bahnhofes. Nach dem 2. Weltkrieg stieg die Bevölkerungszahl stark an, da Hergershausen u. a. ca. 250 Vertriebenen eine neue Heimat bot. Einige der noch in großer Anzahl vorhandenen, stattlichen Fachwerkbauten Hergershausens stammen aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Sie stehen neben dem Ensemble des alten Ortskerns als Einzelobjekte unter Denkmalschutz. Die evangelische Kirche von Hergershausen wurde 1711 an Stelle einer wegen Baufälligkeit abgebrochenen Holzkirche erbaut und 1764/65 mit ihren barocken Ausmalungen versehen. Diese sind für die Region einmalig und stellen einen hohen kulturellen Wert dar. Altar und Fensterbilder sind Stiftungen Hergershäuser Bürger.
Ein 1810 auf dem "Dalles" errichtetes Rathaus wurde 1839/40 umgebaut und mit einem Türmchen versehen. In diesem Gebäude waren neben dem Gemeindebüro eine Arrestzelle und die Spritzenhalle untergebracht. Das Wort "Dalles" bedeutet auf jiddisch "Armut" und auch "vorübergehend mittellos". Da man zur Zahlung von Steuern und Abgaben ins Rathaus
gehen musste, verließ man es nicht selten mit eben diesem Gefühl. Die Bezeichnung wurde in den allgemeinen Sprachgebrauch übernommen. Heute erinnern Intarsien auf dem "Dalles" an das 1923 abgebrochene Gebäude.
Die Synagoge, wohl einziger Fachwerkbau einer Synagoge in der Region, stand nur wenige Meter vom Rathaus entfernt an der Tränkgasse. Das 1869 errichtete Gebäude wurde im Jahr 1938 in der "Reichskristallnacht" zerstört. Zur Erinnerung an die Synagoge hat der Arbeitskreis Dorferneuerung Hergershausen eine Gedenktafel in Auftrag gegeben. Diese wurde aus Spenden von Hergershäuser Bürgern finanziert. Die Tafel ist Anfang 2006 am Haus Tränkgasse Nr. 2, dem ehemaligen Standort der Synagoge, feierlich enthüllt worden.
Das alte Schulhaus in der heutigen Rodgaustrasse wurde in den Jahren 1819/20 von der Gemeinde erbaut, wobei die Kirchengemeinde erhebliche Mittel zum Bau beisteuerte. Dorthin zog auch die Gemeindeverwaltung, nachdem das Schulhaus 1908 zu einem Schul- und Rathauskomplex erweitert worden war.
Das Spritzenhaus wurde 1913/14 vom "Dalles" in die Pfortestraße, Ecke Rodgaustraße, verlegt. 1981 erfolgte der Umzug an den heutigen Standort an der Bahnhofstraße. Das Spritzenhaus in der Pfortestraße wurde teilweise abgebrochen.
Ab dem 19. Jahrhundert dehnte sich Hergershausen über die alten Grenzen mit der Bebauung der Pfortestraße, der Mainstraße und der Bahnhofstraße aus. Alle weiteren Straßen wurden im wesentlichen erst nach dem Zweiten Weltkrieg bebaut.
Hier ein Brief aus dem Hessischen Staatsarchiv , eine interessanter Blick zurück nach 1667.
1667 Mai 23
Franckfurt den 23ten May 1667
Johann Philippsz Graf zu Hanau (Hanaw), Rieneck und Zweibrücken (Zweybrücken),Herr zu Münzenberg, Lichtenberg und Ochsenstein (Ochszenstein), Erbmarschall und Obervogt zu Straßburg, bekundet, dass er vor 2 Jahren mit Philipps Reinhardt Groschlag von Dieburg (Diepurg) in Streitigkeiten wegen eines von dem Pfarrer zu Sickenhofen (Sickenhoffen) und Hergershausen (Hergerszhauszen) Johann Conradt Nicolai angegebenen Diebstahls und der Absetzung des Pfarrers durch Groschlag geraten, worunter das Pfarrwesen beider Orte sehr gelitten habe und da Groschlags älterer Bruder, Anszhellm Caszimier Groschlag von Dieburg (Diepurg), Deutschordensritter, als Patron die Pfarrei wieder zu bestellen wünscht und deshalb einstweilen Johann Friedrich Reisz nach Hergershausen (Hergerszhauszen) gesetzt und präsentiert hat, dieser Streit nunmehr auf einer Konferenz zu Frankfurt (Franckfurt) am 22. V. unter Zuziehung des Dr. jur. Bernhardt Losze, Rat seines Bruders Graf Friederich Caszimir zu Hanau (Hanaw), Rieneck und Zweibrücken (Zweybrücken) durch beiderseitige Bediente Räte, Advokaten, Amtmann, Sekretäre und Keller beigelegt wird:
1) Die Bestrafung des von seiner Magd dem Pfarrer gegenüber verübten Diebstahls, auf Grund dessen der Pfarrer deren Kleider zurückbehalten, wovon Philips Reinhardt Groschlag einen Rock an sich genommen, bleibt ohne Nachteil für die hohe Obrigkeit des Aussteller zu Sickenhofen (Sickenhoffen) und Hergershausen (Hergerszhauszen), falls die Magd den Rock fordert soll Groschlag sie an die Kanzlei zu Babenhausen (Babenhauszen) verweisen.
2) Die Absetzung des vom Aussteller bestätigten Pfarrers zu Sickenhofen (Sickenhoffen) und Hergershausen (Hergerszhauszen), Johann Conradt Nicolai, war ein unberechtigter Übergriff Groschlags, der durch dessen Tod seine Bedeutung verloren hat, da der Deutschordensritter Anszhelm Casimir Groschlag dies weder gegen das bischöfliche Recht des Ausstellers, noch die evangelische Religionsübung, die Rechte der Examination, Ordination, Bestätigung und Ein- und Absetzung durch den Aussteller anwenden will,
3) Groschlag soll als Patron der Kirche zu Sickenhofen (Sickenhoffen) Kirche, Pfarr- und Schulhaus in gutem Bau halten, die 1577 veräußerten Pfarr- und Glockamtsgüter zurückerwerben zum Unterhalt des Pfarrers,
4) Groschlag verzichtet auf die von seinem + Bruder in der Mark Babenhausen (Babenhauszen) und die darin liegenden Holzbrücken erhobenen Ansprüche,
5) Gegenseitige Übergriffe im Streit werden aufgehoben,
6) Der Aussteller will den ad interim von Anszhelm Casimir Groschlag als Pfarrer und die Schule zu bedienen nach Hergershausen (Hergerszhauszen) gesetzten und vorher dazu in Gelnhausen (Gelnhauszen) geprüften Johann Friederich Reisz, der ihm schriftlich zur Pfarrei Sickenhofen (Sickenhoffen) präsentiert ist, bestätigen, da Groschlag keine Rechte aus diesem Vorgehen ableiten will.
Lacksiegel und Unterschriften des Grafen und Anselm Casimir Groschlag. Ausfertigung, Papierheft mit gelbroter Seidenschnur geheftet.
Zeichen gegen das Vergessen gesetzt
Gedenktafel erinnert an ehemalige Synagoge in Hergershausen / Beitrag, um jüdische Vergangenheit zu dokumentieren
Hergershausen (pg) - Von 1869 bis 1938 stand in Hergershausen eine Synagoge. Die rege jüdische Gemeinde erbaute sie als einstöckigen Fachwerkbau mit 38 Männer- und 20 Frauenplätzen. Bei den Pogromen in der so genannten Reichskristallnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde sie, wie viele andere jüdische Gotteshäuser in ganz Deutschland, verwüstet. Das Mobiliar wurde herausgeworfen, die Scheiben zerschlagen und die Thora-Rollen auf das nahe Feld gebracht und angezündet.
Nach der Zerstörung wurde die Synagoge von der Feuerwehr abgetragen. Am 30. September 1939 meldete der damalige Bürgermeister Klein: "Die hier niedergelegte Synagoge ist ordnungsgemäß geräumt." Die Räumungskosten hätten die noch hier wohnhaften Juden bezahlt.
An das leidvolle Ende des jüdischen Lebens in Hergershausen und an diese Synagoge soll die Gedenktafel erinnern, die Ortsvorsteher Horst Grimm gemeinsam mit dem Rabbiner Mendel Gurewitz am Sonntagmittag enthüllte. Sie ist an dem Privathaus in der Tränkgasse, das heute auf dem Platz der früheren Synagoge steht, angebracht.
Wer sich für die Geschichte der Babenhäuser Juden interessiert, dem sei das 1988 von Dr. Klaus Lötzsch und Georg Wittenberger im Auftrag des Heimat- und Geschichtsvereins herausgegebene Buch "Die Juden von Babenhausen" empfohlen.
Außerdem gibt es hier Informationen über die Jüdischen Mitbürger in Hergershausen
HIer noch ein paar alte Ansichtskarten
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